“Ich will dir ein Tier für eine Weile leihen”, hat Gott gesagt. “Damit du es lieben kannst, solange es lebt und trauern, wenn es tot ist. Ich kann dir nicht versprechen, dass es bleiben wird, weil alles von der Erde zurückkehren muss. Wirst du darauf aufpassen, für mich, bis ich es zurückrufe? Es wird dich bezaubern, um dich zu erfreuen und sollte sein Bleiben nur kurz sein, du hast immer die Erinnerungen, um dich zu trösten. Willst du ihm all deine Liebe geben und nicht denken, dass deine Arbeit umsonst war? Und mich auch nicht hassen, wenn ich das Tier zu mir heim hole?”
Mein Herz antwortete: “Mein Herr, dies soll geschehen. Für all die Freuden, die dieses Tier bringt, werde ich das Risiko der Trauer eingehen. Wir werden es mit Zärtlichkeit beschützen und es lieben, solange wir dürfen. Und für das Glück, das wir erfahren durften, werden wir für immer dankbar sein. Aber solltest du es früher zurückrufen, viel früher, als geplant, werden wir die tiefe Trauer meistern und versuchen, zu verstehen. Wenn unser geliebtes Tier diese Welt voll von Spannung und Zwietracht verlässt, schicke uns doch bitte eine andere bedürftige Seele, um sie ihr Leben lang zu lieben.” (Verfasser unbekannt).
Barbarossa war eine “geplante” Katze. Seine Mutter war Aisha of Shining Silver, eine Silber-Somalikatze, und sein Vater “Diablo von Schyrenhaus”. Ja, eigentlich war Barbarossa auch ein Experiment- jedenfalls für mich. Es sollte unser zweiter Wurf an Somalikatzen sein. Was dann folgen sollte – ob wir die Kitten behalten wollten oder züchterisch weiterhin tätig sein wollten –, wussten wir noch nicht und machten uns auch keine Gedanken.
Ich erinnere mich noch gut, als ich seine Mutter zum Deckakt zur Züchterin brachte, sie wieder holte – um dann festzustellen, dass sie offensichtlich “angenommen” hatte. Es folgten dann 2 Monate Zeit des Wartens und “Hätscheln” der Mutterkatze. Katzen haben eine Trächtigkeitsdauer von 58 bis 63 Tagen und um 62. Tag – es war der erste Weihnachtsfeiertag – wurde ich langsam nervös. Da ich aber mit dem Tierarzt vereinbart hatte, bis zum letzten Tag zu warten, übte ich mich in Geduld. Am zweiten Weihnachtsfeiertag merkte ich bereits am Morgen, dass es wohl nicht mehr lange mit der Geburt dauern würde. Suleika – das war der Name, den wir Aisha gegeben hatten – wurde unruhig und begann, sich ein “Wochenbett” zu bauen. Auch durfte ich nicht mehr von ihrer Seite weichen. Abends gegen 18.00 Uhr hatte ich mir gerade ein Badewasser einlaufen lassen und sah mich jetzt gezwungen, den Stöpsel zu ziehen und das Wasser ungenutzt ablaufen zu lassen, denn Suleika “rief” lauthals nach mir und gab so lange nicht Ruhe, bis ich ihr endlich folgte und neben ihrem selbstgebauten Bett – ein großer Sessel im Arbeitszimmer – Platz nahm.
Um exakt 18.23 Uhr kam Barbarossa zu Welt – er fiel mir buchstäblich in die offenen Hände. Auf dem ersten Blick sah ich, dass es ein Katerchen war. Und ich konnte ich erkennen, dass er die Farbe “Sorrel-Silber” bekommen hatte – also ganz und gar nach seiner Mama geraten war. Und das Gefühl ließ mich nicht los, dass ich mit dem quickenden und noch feuchten Etwas, das gerade mal 100 Gramm wog, etwas besonders in den Händen hielt, obwohl es nicht unsere erste Katzengeburt war. Über die Namen hatten wir uns im Vorfeld keine Gedanken gemacht, doch während seine Mutter noch fleißig und instinktsicher abnabelte, kam mir spontan “Barbarossa” in den Sinn. Als ich später in seinem Horoskop auf den Aszendenten auf 0° Löwe ermittelte (es schien so, als hätte er exakt auf diesen Zeitpunkt gewartet!), fand ich das mehr als sehr passend. Meiner Erfahrung nach sind die ersten Grade des Löwezeichens extrem stark. Ein Löwenherz scheint in der Brust des Betroffenen zu schlagen – so auch bei Barbarossa, auch wenn er im “Sternzeichen” – wie man fälschlicherweise hierzulande für das Sonnenzeichen sagt – eigentlich ein Steinbock war.
Tja, was ich kann ich zu Barbarossas Leben noch sagen? Ich versuche, mich kurz zu fassen: Was dann folgte, waren 13 Jahre und fast exakt 6 Monate wunderbare Zeit mit einem wunderbaren Begleiter. Er war ein paar Tage nach der Wintersonnenwende geboren, und ein paar Tage nach der Sommersonnenwende verließ er mich wieder. Wir haben nunmehr seit fast 30 Jahren Katzen und das größtenteils in einer Anzahl, die bei den Mitmenschen nicht selten für Erstaunen, manchmal sogar Befremden sorgte. Seit der Geburt Barbarossas und seinem Bruder Benjamin teilen sieben Katzen mit uns den Alltag. Jede Katze war uns ans Herz gewachsen und jede einzelne war eine Bereicherung, doch Barbarossa war für mich ein ganz spezieller Kater.
Von Anfang an war er mir zugewandt, ja regelrecht auf mich fixiert. Er war ein sehr furchtloser Kater – nicht mal der Hubschrauber vor dem Balkon unseres Hauses konnte ihn erschrecken –, doch gleichzeitig von sanftmütiger Natur. Ihm konnte nichts belasten, neuen Katzen gegenüber zeigte er sich nicht als Konkurrent, sondern als Freund, ließ sich aber auf sanftmütige Art den Platz an meiner Seite nicht streitig machen.
Während meiner schwierigsten Zeit in den letzten 13 Jahren hat er mich treu begleitet und viel Trost gespendet. Ich erinnere mich an die Morgengrauen, als bei mir gerade der Wecker geklingelt hatte und Barbarossa sich auf meine Brust legte und mich mit seinem Blick fixierte. Er schien mir immer zu sagen: “Bleib noch ein bisschen liegen, so viel Zeit ist noch da, dann haben wir beide mehr voneinander.” Sein Gesicht war die Miniatur eines Löwen und ich fand, dass etwas Weises und Klares in seinem Blick lag. Das kleine, helle Löwengesicht fixierte mich unverhohlen und die eulenartigen Augen schienen in meinem Gesicht zu lesen und direkt in mein Herz zu schauen.
Aus mir nicht bekannten Gründen ging ich stets davon aus, dass Barbarossa sehr alt werden würde. Das Durchschnittsalter für Katzen (sofern sie nicht rausgehen und dem Straßenverkehr ausgesetzt sind) liegt zwischen 10 und 12 Jahren, wobei ein stolzes Alter von 20 Jahren mittlerweile keine Seltenheit mehr ist. Vermutlich war es Wunschdenken, dass mein persönliches Gefühl immer mit 18 Jahren Barbarossa rechnete. Vor dem Tag x hatte ich jedenfalls große Angst und verdrängte ihn (was sonst, wenn man mit seinem Gefährten eine schöne Zeit hat)?
Doch leider kam dieser Tag schneller als erwartet. Anfang Mai diesen Jahres merkte ich, dass mit Barbarossa irgendetwas nicht stimmte. Er zog sich zurück und fraß nur, wenn man ihn holte. Der damalige Tierarzt diagnostizierte eine Infektion und tatsächlich half das Antibiotikum zunächst sehr gut. Doch kaum abgesetzt, ging es Barbarossa wieder schlecht. Es folgte die zweite Behandlung, der Tierarzt konnte sich nicht erklären, um welche Infektion es sich handelte, außerdem diagnostizierte er einen Lungenschaden. Barbarossas plötzlichen Gewichtsverlust von mehr als einem Kilogramm in kurzer Zeit führte er auf das Alter zurück. Doch diese Diagnose war mir zu vage (zumal der Tierarzt bei unserem krebskranken Aladin genau das gleiche feststellte), deshalb suchte ich einen anderen Veterinär auf. Die Diagnose war dort klar: Barbarossa hatte Bauchspeicheldrüsenkrebs im Endstadium.
Innerhalbnur einer Woche eine Odysee an Behandlungen und Barbarossa ging es immer schlechter. Gleichzeitig war es so rührend zu beobachten, wie sich unsere mittlerweile blinde und taube Mascha und den im Sterben liegenden Barbarossa kümmerte:
Am 30. Juni 2014 schlief mein Barbarossa zwischen 17.00 und 18.00 Uhr ein, um seine ewige Reise fortzusetzen.
Es sind diese und jene Momente, in denen man sich mit Sinn und Unsinn des Lebens auseinandersetzt: Warum passiert mir das? Und warum sind wir überhaupt hier? Meine Trauer war unendlich, auch wenn ich mir in der letzten Zeit immer bewusst war, dass unsere Katzen nun alle ein kritisches Alter erreicht hatten und es Schlag auf Schlag gehen kann…
Wenn man die Antworten nach dem “Warum” beantwortet haben möchte, die über unser irdisches Leben hinausgehen, dann gibt es für mich nur 3 Methoden, um diese Antworte geliefert zu bekommen: Die erste ist das I Ging, das ca. 5000 Jahre alte chinesische Weisheitsbuch. Die zweite Methode stammt auch aus China und ist ebenfalls ein Textorakel: Es ist das Shen Shu. Die dritte Methode ist auch hier sehr verbreitet: Es ist schlichtweg die Astrologie, die mit ihren Transiten anzeigt, welche Themen im Leben des Betroffenen gerade “angesagt” sind.
Ich möchte zuerst das Shen Shu zitieren. Meine Frage war nicht mehr diesseitiger Natur – ich wollte wissen, wohin Barbarossa jetzt hingeht und was ich tun kann… Als Antwort erhielt ich:
„Ein kleiner Junge ist am Ufer eines Gewässers groß geworden, nähert sich aber mit der Zeit dem Feuer an und macht so sein Glück. Du solltest dich nicht darüber ängstigen.“
Ich glaube, die Antwort ist klar. Das “Gewässer” war die Inkarnation hier bei uns, nun geht es darum, in eine weitere Welt zu wandern, die das Shen Shu mit dem Feuer assoziiert.
Natürlich warf ich alsAstrologin auch einen Blick auf Barbarossa’s Radix:
Bereits seit geraumer Zeit schien auf einer überpersönlichen Ebene etwas zu “schwelen” und betraf das tägliche Leben von Barbarossa – so deute ich den Transit-Pluto, der schon vor Längerem in das 6. Haus eintrat und über Barbarossas Steinbock-Sonne marschierte. Spontan fällt mir hierzu nur ein, dass mein Kater während dieser Zeit schon mal sehr krank war und wie durch ein Wunder wieder gesund wurde. FIP steht für “Feline Infektiöse Peritonitis” ist eine tödlich verlaufende Infektionskrankheit, die restistent gegen Antibiotika und anderen Therapien ist. Als ein Kater, den ich aufgenommen hatte, daran erkrankt war, zeigte Barbarossa kurz darauf die gleichen Symptome und der Tierarzt diagonstizierte FIP. Barbarossa erholte sich jedoch wieder. Sowohl der erste FIP-Test, den ich bei all meinen Katzen 3 Monate (die Dauer der Inkubationszeit) später durchführen ließ, verlief bei allen negativ, als auch der zweite Test, den ich ein Jahr später beauftragte. Wieder so ein Wunder, das mir Barbaossa bescherte…
Doch kommen wir zum Zeitpunkt seines Todes zurück und was uns das Radix dazu sagt. Markant ist der Neptun, derzum Zeitpunkt des Todes in Barbarossas 9. Haus eintrat: Ihm steht also eine weite Reise bevor; der amerikanische Astrologie Robert Hand schließt bei diesem Transit metaphysische Erfahrungen nicht aus, schließlich ist Neptun nicht nur der Planet der Weite, sondern auch des Übersinnlichen.
Auffallend ist der Transit-Jupiter, der im Laufe des Monats Juli in das Löwe Zeichen eintritt und somit auch Barbarossas markanten Aszendenten tangiert. Bei Jupiter über dem AC fühlt man sich körperlich grundsätzlich wohl – welch ein Trost nach Barbarossas langem Leiden, was sogar meine Prinzipien, die sich prinzipiell gegen zu schnelle und einfache Euthanasie richten, ins Wanken brachte! Am letzten Tag seines irdischen Lebens rann ihm der Eiter in großen Mengen aus der Nase, so dass wir erstmals ernsthaft in Betracht zogen, den Tierarzt um Rat zu fragen, inweiweit das Leid beendet werden kann. Jedenfalls findet sich hier die Bestätigung, dass es meinem kleinen Jungen jetzt gut geht – auch körperlich.
Und was sagt Saturn, der Herr des Karmas und der Langlebigkeit? Exakt auf der Spitze des 5. Hauses steht er im Radix meines Katers. Normalerweise ist unter diesem Transit “Schluß mit lustig”, doch er hat auch eine andere Seite: Mehr Verantwortung und die Manifestierung der Schöpferkraft.
Nicht minder interessant ist auch der Uranus im 10. Haus. Der MC von Barbarossa auf 8°23′ Widder, der Transit-Uranus liegt bei 16°19′, der Wirkungsbereich von 5° (auf den ich persönlich viel halte), ist also schon überschritten, aber man kann davon ausgehen, dass Barbarossa den Übertritt in die andere Welt als etwas Revolutionäres empfindet. Uranus kann dabei mehrere Gesichter haben: Er wird entweder als Befreiungsakt wahrgenommen, oder als Unruhefaktor, der den Betroffenen buchstäblich aus der bisherigen Bahn wirft – es kommt auf die Persönlichkeit und die bisherige Haltung an. Hoffen wir für meinen Barbarossa das Beste – dass er die neue Welt als etwas Befreiendes empfindet und dass ich ihn eines Tages wiedersehen werde – auch wenn er mir nur geliehen wurde.